Damit war der angestrebten Diskussion, wie man weiter verfahren und wie man mit dem Ratsbeschluss nach der Bürgerbefragung umgehen sollte, eigentlich der Boden entzogen. Doch entwickelte sich bald ein lebhaftes Gespräch, bei dem nicht nur die Versäumnisse der Vergangenheit eine große Rolle spielten, sondern auch die Zukunftsperspektiven des Ortes.
Zunächst musste sich der anwesende Fraktionsvorsitzende der FGBO gegen Vorwürfe zur Wehr setzen, seine Gruppierung hätte bei der Bürgerbefragung getäuscht und getrickst. Man sei zunächst meinungsoffen gewesen und hätte erst im Laufe des Informationsprozesses zu der Entscheidung gegen das BMHKW gefunden. Auch wenn viele Bürgerentscheide und –befragungen in den letzten Jahren gegen solche Kraftwerke ausgefallen seien, wäre die direkte Beteiligung der Bürger nicht gezielt als Verhinderungsinstrument eingesetzt worden.
Einig waren sich die 17 Teilnehmer der Runde allerdings darin, dass die Bürgerinformation im Vorfeld der Befragung völlig unzureichend gewesen war. Vor allem die im Ort verteilte 12seitige Broschüre zum BMHKW stand im Zentrum der Kritik. Hier sei nicht in angemessener Diskussionskultur das Für und Wider einer solchen Anlage behandelt worden, sondern zusammenhanglos willkürlich unterschiedliche Beiträge aneinander gereiht worden.
Auch in der Infoveranstaltung am 10. Januar blieben viele Fragen offen, was den Bürgern in ihrer Entscheidungsfindung nicht geholfen hat. Bis heute wäre nicht klar, woher das Geld für die Anlage kommen sollte, ob ein klares Brennstoffkonzept mit begrenzten Transportwegen vorliegt und welche Möglichkeiten ein sogenannter städtebaulicher Vertrag mit dem Betreiber bietet. Die Aufzählung ließe sich ohne Weiteres um einige Punkte fortsetzen.
Doch wie soll es in Ottersberg weitergehen? Auch darüber wurde gesprochen. Über die Frage, ob es weitere Bürgerabstimmungen in Zukunft geben würde, gab es zwei gegensätzliche Positionen. Während die einen meinten, das sei auf Jahre völlig ausgeschlossen, waren andere der Meinung, das sei unbedingt nötig. Es fehle einfach die Erfahrung mit dem Instrument der direkten Demokratie. Hier sei Übungsbedarf erforderlich. Und natürlich müsse man aus der letzten Abstimmung lernen.
Ansonsten müsse jetzt verstärkt Ortsmarketing betrieben werden, um den Flecken für Industriebetriebe weiterhin interessant zu machen. „Wir können mit guten Standortfaktoren wuchern, wie Bildungsangebot, Gesundheitsversorgung und Kaufgelegenheiten. Gibt es denn hier im Rathaus überhaupt einen Menschen, der sich um die Ansiedlung kümmert?“, fragte ein Teilnehmer aus Fischerhude. Stefan Bachmann verneinte: „Die Aufgabe habe ich immer bei der Verwaltungsspitze, dem Bürgermeister, gesehen. Doch müssen wir hierauf wohl künftig verstärkt unser Augenmerk richten.“
Manfred Kallendorf, 05.02.13