Darunter waren auch die beiden mutigen Ratsherren Gerd Gollenstede und Holger Wieters-Fröhlich, die tapfer die bisweilen recht kritischen Fragen zur Ausübung ihrer Aufsichtspflicht in den Ausschüssen zu beantworten hatten. Unverständlich war den Teilnehmern vor allem, dass die professionellen Kontrollinstanzen wie die Wirtschaftsprüfer und das Prüfungsamt der Kommunalaufsicht in Verden die Bilanzen ohne Beanstandungen immer wieder durchgewinkt haben. Dabei waren die Ungereimtheiten in den Abschlüssen des E-Werks und damit in den Ottersberger Haushaltsentwürfen seit Jahren vorhanden.
Diskussionsleiter Manfred Kallendorf berichtete von einem Gespräch, das er am Vormittag mit dem neuen Leiter des E-Werks, Helge Dannat, geführt hatte. Danach sind jahrelang die unbefriedigenden Ergebnisse des Eigenbetriebs mit Hilfe von „nicht werthaltigen Forderungen“ vertuscht worden. Dieser Vorgang würde aber jetzt von der völlig unbelasteten und unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft „Baltic“ aus Kiel aufgearbeitet. Mit Ergebnissen rechne er Ende Oktober d. J. Ohne dem Bericht vorgreifen zu wollen, hielt Dannat für die negative Entwicklung Fehler in der Kalkulation für naheliegend. Mit dem E-Werk könne man jedoch immer noch Geld verdienen, auch wenn die Gemeinde kurzfristig mit Millionenbeträgen aushelfen müsse, um die Liquidität zu sichern.
Ebenfalls defizitär sind zwei weitere Betriebe der Gemeinde, die eng mit dem E-Werk verknüpft sind: das Hallenbad und die Breitband Innovationen Nord (BIN). Ersteres wird mit einem Zuschussbedarf (einschließlich Kapitaldienst) von ca. 600 Tsd. Euro über Wasser gehalten. Die BIN, die vom E-Werk die Leitungen gepachtet hat, arbeitet noch lange nicht rentabel und ihr muss momentan mit nicht unerheblichen Beträgen unter die Arme gegriffen werden. Ihr fehlen dem Vernehmen nach noch mindestens 800 anschlusswillige Teilnehmer aus Ottersberg, bevor man in die Nähe einer schwarzen Null kommt.
Die Auswirkungen auf den Ottersberger Haushalt kann man angesichts dieser Zahlen nur mit Schaudern erahnen. Trotzdem machte Gerd Gollenstede eine Rechnung auf und kam in seiner Betrachtung auf weitere acht Mio. Euro (u. a. E-Werk, Schwimmbad, Gewerbesteuerzahlung) zu den ohnehin schon vorhandenen 11 Mio. Euro. Selbst bei dem jetzt äußerst niedrigen Zinssatz würden damit die Zinsaufwendungen auf 570.000 €/Jahr steigen. Wegen des Beschlusses zum Abbau der Schulden bis zum Jahr 2038 kämen über 700.000 € an Tilgungen im Jahr hinzu.
In Anbetracht dieser Zahlen darf es nach Holger Wieters-Fröhlich „keine Denkverbote geben“. Er wisse, dass er sich damit unbeliebt mache, aber es müsse die Frage erlaubt sein: „Sind in Ottersberg drei Grundschulstandorte notwendig?“ Im Zentralort könnten demnächst aufgrund der zurückgehenden Schülerzahlen Gebäude leerstehen. Andere Teilnehmer stellten das E-Werk selbst in Frage und dachten laut über eine Veräußerung, vielleicht auch in Teilen nach. In diesem Zusammenhang müssten auch das Otterbad und das Gymnasium auf den Prüfstand, die für eine 12000-Seelengemeinde doch eher Luxusgüter darstellten.
Auf jeden Fall werde es nach Ansicht der Runde harte Einschnitte geben müssen. Die diversen Optionen sollten allerdings rechtzeitig kommuniziert und mit der Bevölkerung diskutiert werden. Zur lückenlosen Aufklärung der Vorgänge gehöre auch die Frage, wer für das ganze Schlamassel verantwortlich ist.
Manfred Kallendorf, 07.10.14
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