
Vielleicht ist es aber auch hilfreich, sich einmal vor Augen zu führen, was die grundlegenden Aufgaben einer Gemeinde wie Ottersberg sind. Ohne Zweifel ist die sogenannte Daseinsvorsorge in diesem Zusammenhang von großer Wichtigkeit. Darunter versteht man verwaltungsrechtlich alle Dienstleistungen der Kommune, an deren Erbringung ein allgemeines öffentliches Interesse besteht. Für das Bundesverfassungsgericht ist die Daseinsvorsorge eine Leistung, „derer der Bürger zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf.“
In der Tat muss man vor diesem Hintergrund fragen, ob dazu auch gehört, dass man ein E‑Werk, ein Breitbandnetz, ein Klärwerk oder eine Gesellschaft wie die A2O ganz oder teilweise sein eigen nennen muss.
Grundsätzlich lassen sich die Aufgaben einer Kommune in freiwillige Aufgaben (z. B. Bücherei, Museum, Theater, Volkshochschule, Betrieb eines Schwimmbades, einer Sportanlage, Einrichtung und Pflege von Grünanlagen), Pflichtaufgaben (wichtigste sind Gemeindewahlen, Abwasserbeseitigung, Versorgungseinrichtungen, Verkehrseinrichtungen, soziale Angelegenheiten, Feuerwehr, Allgemeinbildende Schulen, Bauleitplanung) und Weisungsaufgaben (Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises wie Meldewesen, Standesamtswesen, Gewerberecht und Gaststättenrecht, Parlamentswahlen) einteilen.
Daraus resultiert, dass keine der oben genannten Gesellschaften oder Betriebe von einer Kommune von der Größe Ottersbergs unter Eigenregie geführt werden muss. Lediglich die daraus zu erbringenden Leistungen wie die Versorgung mit Strom oder Breitband sind Bestandteil der Pflichtaufgaben. Wer könnte daran zweifeln, dass sich das Angebot nicht auch von Privatfirmen ebenso gut bereitstellen ließe.
Durch die Veräußerung oder Teilveräußerung von E-Werk, BIN (Breitband-Initive–Nord) oder auch Klärwerk ließen sich nicht nur die gemeindeeigenen Schulden reduzieren, sondern gleichzeitig technische und wirtschaftliche Kompetenz in die Betriebe holen. Gerade die Entwicklung des E-Werks in den letzten Jahren hat gezeigt, dass die Verwaltung einer (kleinen) Gemeinde selbst mit der Aufsicht über solche Betriebe völlig überfordert ist.
„Gemeindewirtschaft ist nur gut, wenn es in der Gemeinde auch entsprechendes Know-how gibt, um die Wirtschaftsunternehmen führen zu können …“ schreibt Spuziak-Salzenberg in seinem Leserbrief. Und weiter: „Die größten Verluste sind demnach durch das Nichtverstehen der Technik beim BHKW und vor allem beim Stromhandel angefallen, dem ureigensten Geschäft eines E-Werks.“
Es wird Zeit, dass über die vorhandenen oder auch fehlenden Kompetenzen offen und ehrlich in den Ratsgremien diskutiert wird. Danach gilt es, gegebenenfalls beherzt und mutig den berühmten Schalter umzulegen, bevor das Kind nicht nur in den Brunnen gefallen, sondern auch ertrunken ist.
Manfred Kallendorf, 09.07.15