Nach wie vor besteht anscheinend von großen Teilen der politisch interessierten Bürgerschaft ein großes Interesse, Einsicht in den Sonderprüfungsbericht der Firma Baltic aus Kiel zu bekommen. Diese war von dem Flecken – auf Antrag der SPD-Fraktion – beauftragt worden, die Vorgänge im E-Werk in den Jahren 2006 bis 2011 zu überprüfen. Insbesondere sollte dabei der Aufbau des Debitorenkontos, das – nicht werthaltige ‑ Forderungen gegenüber Dritten enthielt, untersucht werden. Durch dieses Konto wurde nämlich eine deutlich bessere Ertragssituation des Eigenbetriebs vorgegaukelt, als sie in Wirklichkeit war.
Den Ratsmitgliedern wurde dieser Bericht im Zusammenhang mit der Einladung zum E-Werks-Ausschuss am 04.03.15 bekannt gegeben. Für die Ratssitzung am 23.04.2015 wurden von drei Fraktionen (Bündnis 90/Die Grünen, FGBO und SPD) nahezu identische Anträge auf Veröffentlichung des Gutachtens eingebracht. Lediglich die Personen- und Firmennamen sollten nach Auffassung der erstgenannten Fraktionen anonymisiert werden. Doch noch während der Ratssitzung wurde der Antrag von der SPD (Veit Schüttrumpf) zurückgezogen bzw. deutlich abgeschwächt. Die Begründung war, dass man mit der Veröffentlichung die eigene Position in Verhandlungen bezüglich Regressforderungen entscheidend schwächen würde.
Diese von materiellen Gedanken getragene Argumentationslinie ist möglicherweise nicht völlig abwegig. Doch steht auf der anderen Seite der ungeheure politische Schaden, den diese Vorgehensweise mit sich bringt. Diese Gefahr ist in der Begründung des Antrags der FGBO auch so benannt: „… entsteht in Teilen der Öffentlichkeit der Eindruck, dass alle irgendwie die gleiche Verantwortung tragen und ‚unter einer Decke stecken‘“. Der Bericht helfe zumindest teilweise, dieses Bild gerade zu rücken.
Die zweite Forderung der Stammtischgruppe nach der Veröffentlichung von Rats- und Ausschussprotokollen, soweit es den öffentlichen Teil betrifft, dürfte wesentlich geringere Widerstände mit sich bringen. Denn ein Mehraufwand ist nicht zu erkennen, wenn man nach der Sitzung die ohnehin angefertigten Protokolle zu den Sitzungsunterlagen im Internet hinzufügt. Geheimnisse würden ebenfalls nicht ausgeplaudert, zumal die Niederschriften ja nur das wiedergeben, was ohnehin in der öffentlichen Sitzung besprochen wurde. Allerdings wäre es für den interessierten Bürger eine enorme Erleichterung, die Ratsarbeit engagiert zu begleiten.
Mit beiden Punkten will sich die SPD-Fraktion demnächst beschäftigen und ggf. entsprechende Anträge formulieren.
Manfred Kallendorf am 09.09.15